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Warum du schreiben solltest, auch wenn du denkst, deine Texte interessieren niemanden

„Ach, das interessiert doch eh keinen!“ – Ein Satz, den ich so oder ähnlich immer wieder lese oder von meinen Kund*innen höre. Manchmal kommt er auch weniger klar daher und versteckt sich eher in einem „Vielleicht bin ich auch gar nicht gut genug“ oder einem „Das ist schon ein sehr spezielles Thema …“. Und ich kann diese Unsicherheit so gut verstehen!

 

Wenn wir schreiben, geben wir auch immer ein bisschen was von uns preis. Das lässt sich gar nicht vermeiden und sollte auch überhaupt nicht das Ziel sein. Schließlich ist deine Sicht auf die Welt, deine Art, Dinge zu beschreiben und dein Fokus, den du beim Schreiben legst, genau das, was deinen Text einzigartig und besonders macht.

 

Trotzdem kann es Angst machen, sich verletzlich zu zeigen – niemand möchte schließlich abgelehnt werden. Und erst recht nicht in einer sensiblen Situation wie dem Schreiben.

 

In diesem Artikel möchte ich dir daher einen anderen Blickwinkel anbieten und dir ein wenig Mut machen. Denn ich finde, es lohnt sich trotzdem, zu schreiben, auch wenn du denkst, dass das wirklich niemanden interessiert.

Andere mögliche Sichtweisen

Was sind deine Kriterien?

Zunächst einmal möchte ich dich einladen, darüber nachzudenken, nach welchen Kriterien du dir selbst ein Buch aussuchst. Worauf legst du Wert? Welche Aspekte eines Buches überzeugen dich, es zu kaufen?

  • Vielleicht ist es ein wunderschön gestaltetes Cover.
  • Vielleicht ein Klappentext, der dich neugierig macht.
  • Vielleicht die Tatsache, dass dein*e Lieblingsautor*in das Buch geschrieben hat.
  • Und vielleicht auch, dass du das Thema des Buches interessant findest.

Vermutlich ist dir längst klar, worauf ich hinaus möchte: Dass ein Buch „interessant“ ist, ist (je nach Genre) nur eines von vielen möglichen Kriterien, warum Menschen sich entscheiden, es zu lesen. Also selbst wenn dein Thema wirklich nicht sonderlich spannend wäre, gäbe es zahlreiche andere Aspekte, mit denen du überzeugen kannst.

 

Wir neigen oft dazu, an uns selbst viel strengere Maßstäbe anzulegen als an andere.

  • Es ist ein Debüt und an paar Stellen ist die Story nicht ganz rund? – Hey, das macht doch nichts, nächstes Mal wird’s besser!
  • Die Buchidee war gut, aber leider hat dich die Story gar nicht überzeugt? Na ja, es kann ja nicht jede*r alles mögen.
  • Das Cover hat dir mega gefallen, aber sonst war der Inhalt eher langweilig? Schon okay, vielleicht gehöre ich einfach nicht zur Zielgruppe.

Kommt dir das bekannt vor? Ich kenne das auf jeden Fall nur zu gut, dass man selbst so kritisch ist wie niemand sonst, wenn es um die eigenen Sachen geht. Sicher kennst du den Tipp, dass es manchmal helfen kann, sich zu überlegen, wie man mit einer Person sprechen würde, die einem nahesteht. Probier es doch gerne mal aus!

Der eigene Wahrnehmungsfehler

Hast du es schon einmal erlebt, dass jemand dir ein Kompliment für etwas gemacht hat und du nur dachtest: „Hä? Ist doch normal?“

 

Dieses Beispiel zeigt, dass uns Dinge, die uns vertraut sind, oft unwichtiger oder selbstverständlicher vorkommen als anderen. Dabei vergessen wir, dass sie uns ja nur deshalb so normal vorkommen, weil wir sie ständig tun oder uns ausführlich damit beschäftigt haben. Für andere Menschen kann sich damit eine komplett neue Welt eröffnen.

 

Warum sollte es bei deinen Texten anders sein? Vielleicht kommt dir das Thema nur deshalb so langweilig und uninteressant vor, weil du schon so tief drinsteckst?

 

Und: Auch wenn es wirklich ein Spezialthema sein sollte – wenn du dich dafür interessierst, warum sollte es dann nicht auch für andere Menschen spannend sein?

Schreiben ist ein Prozess

Genauso, wie wir oft dazu neigen, zu streng mit uns zu sein, haben wir auch eine Tendenz, zu viel von uns zu verlangen. Vielleicht hast du gerade erst mit dem Schreiben angefangen, verlangst von dir aber das Niveau einer Bestseller-Autor*in. Was dabei schnell in Vergessenheit gerät ist, dass alle Menschen einmal irgendwo angefangen haben.

 

Wir vergleichen uns mit dem jetzigen Ist-Zustand, dabei müssten wir, um es annähernd fair zu gestalten, unsere Anfänger*innen-Version mit der Anfänger*innen-Version der anderen Person vergleichen. Und am besten ist es natürlich sowieso, sich mit gar niemandem außer sich selbst zu vergleichen.

 

Versuche also wieder etwas Abstand zu gewinnen und frage dich, warum du überhaupt schreibst. Schreibst du schon für andere oder nur für dich selbst? Was bedeutet das Schreiben für dich?

 

Erlaube dir, unperfekt zu sein, unperfekt zu schreiben. Erlaube dir zu üben. Erlaube dir, Texte zu schreiben, die langweilig sind. Erlaube dir, dich zu verbessern und zu wachsen. Es gibt diesen schönen Spruch: „Das Gras wächst auch nicht schneller, wenn man daran zieht“ und er ist leider wahr. Wir können die Übungsphase nicht überspringen, wir müssen da mitten durch, um besser zu werden. Versuche das anzuerkennen und den Prozess zu genießen.

 

 

Lasse dich dabei von deinem Warum führen und ignoriere erst einmal alle Stimmen, die dir zuflüstern: „Das will doch eh keiner lesen!“ Stimmt. Es muss aber fürs Erste auch niemand lesen. Also was solls. Es ist alles okay. Und wenn du so weit bist, kannst du dir immer noch wertschätzendes Feedback von jemandem einholen, der weiß, worauf es beim Schreiben ankommt. 

Lerne deine Zielgruppe kennen

So, nun hast du ein paar frische Denkanstöße bekommen, die dir hoffentlich etwas Sicherheit geben können. Um das Ganze noch ein bisschen handfester zu machen, stelle ich dir jetzt ein paar Strategien vor, mit denen du ganz in echt herausfinden kannst, ob sich jemand für deinen Text oder dein Thema interessieren würde.

So findest du deine Zielgruppe

Ich weiß, die Zielgruppe ist oft ein leidiges Thema, weil sie vielen erstmal so abstrakt vorkommt. Aber um herauszufinden, ob dein Thema spannend ist, musst du natürlich wissen, FÜR WEN es denn spannend sein soll. Wir halten es aber ganz einfach, keine Sorge!

  • Überlege dir, welche bereits erschienenen Bücher zu deinem Schreibprojekt passen. Schau nach, in welchen Kategorien die entsprechenden Verlage sie eingeordnet haben.
  • Frage dich, welches Alter deine Hauptfiguren haben und leite daraus eine mögliche Zielgruppe ab.
  • Brainstorme so ganz aus dem Bauch heraus: Wen möchtest du gerne erreichen? Wer könnte von deinem Text profitieren?

Wie gesagt, wir wollen es einfach halten, deshalb verliere dich nicht in diesen Fragen. Das Ziel ist, dass du eine Zielgruppe festlegst, die etwas spezifischer ist als „Alle, die das Buch lesen wollen“. Eine vollkommen ausreichende Aussage wäre zum Beispiel: Menschen zwischen 20 und 45 Jahren, die gerne romantische Geschichten lesen, bei denen Reisen eine Rolle spielen.

 

Wenn du etwas ähnliches formuliert hast, gehen wir weiter zu Schritt 2: der Recherche.

Recherchemethode 1: Befragungen

Jetzt, wo du weißt, für wen die Story interessant sein soll, kannst du gezielt nach Personen suchen, die in dieses Schema fallen. Gehe zunächst deinen Freund*innen- und Bekanntenreis durch und notiere dir ein paar Namen. Wenn du auf Social Media aktiv bist, kannst du auch hier einen Aufruf machen oder zum Beispiel in Foren oder Facebookgruppen suchen.

 

Ziel ist, dass du mindestens zehn Leute aus deiner Zielgruppe zusammenbekommst, die dir ein möglichst ehrliches Feedback geben können. Überlege dir ein paar Fragen, die für dich wichtig sind. Zum Beispiel:

  • Würdest du gern mal ein Buch lesen, in dem …?
  • Wie fändest du es, wenn in einem Buch …?
  • Kannst du dir vorstellen über das Thema … ein Buch zu lesen?

So bekommst du eine erste Einschätzung davon, ob die Gedanken, die du dir zu deinem Buch gemacht hast, auf eine Resonanz treffen. Vielleicht kannst du sogar neue Ideen und Anregungen aus diesen Gesprächen mitnehmen.

 

Übrigens: Keine Angst vor Ideenklau. Erstens musst du nicht jedes Detail deiner Geschichte vorab verraten, wenn du nicht möchtest, und zweitens sind die wenigsten Leute darauf aus, jemandem eine Idee wegzunehmen (vor allem, wenn sie nicht selbst schreiben). Und zur Wahrheit gehört auch, dass es schon so unendlich viele Bücher gibt, dass deine Idee an sich vermutlich nicht besonders neu sein wird. Die Umsetzung und deine persönliche Note sind es am Ende, die für das gewisse Etwas sorgen. 

Recherchemethode 2: Rezensionen

Wenn es dir widerstrebt, direkt aktiv auf Menschen zuzugehen und sie nach ihrer Meinung zu fragen, kannst du auch erstmal mit einer Recherche anfangen. Versuche andere Bücher zu finden, die in eine ähnliche Richtung gehen wie das, was du schreiben möchtest. Schaue dir Rezensionen an und leite daraus ab, was der Zielgruppe dieser Bücher besonders wichtig ist. Daraus kannst du auch Erkenntnisse über deine eigene Zielgruppe gewinnen. 

Recherchemethode 3: Testleser*innen

Wenn du schon etwas weiter fortgeschritten im Schreibprozess bist, ist die Zusammenarbeit mit Testleser*innen eine tolle Möglichkeit, um ehrliches Feedback zu bekommen. In der Regel läuft eine solche Zusammenarbeit so ab, dass du den Personen, die sich bereiterklärt haben, Teile deines Manuskriptes oder dein ganzes Manuskript zum Testlesen zur Verfügung stellst. Im Gegenzug erhältst du dafür Feedback zu deiner Geschichte.

 

Achte darauf, dass die Testlesenden zu deiner Zielgruppe gehören. Oft ist es auch hilfreich, wenn ihr keine persönliche Beziehung habt. Eltern, Geschwister oder Freund*innen neigen dazu, sich mit Kritik zurückzuhalten, weil sie euch nicht verletzen wollen. Genau diese kritischen Anmerkungen braucht es aber, damit du dein Buch verbessern kannst. 

 

Als Testlesende kommen zum Beispiel Buchblogger*innen infrage. Es gibt auch spezielle Foren und Portale, in denen Autor*innen gegenseitig ihre Texte lesen und sich Feedback geben. Eine Recherche wird dich hier schnell weiterbringen.

Zusammenfassung

Hui, schreiben kann ganz schön was in einem auslösen, nicht wahr?  Nicht umsonst wird es gerne als Teil der Persönlichkeitsentwicklung verwendet. Bei allem, was ich hier aufgeschrieben habe, sollte ein Punkt nicht zu kurz kommen: Würdige dich regelmäßig für das, was du schon geschafft hast. Sei stolz auf deinen Mut und dein Durchhaltevermögen. Und wenn dir wieder Zweifel kommen, behalte diese Punkte im Kopf:

  • Schreiben ist ein Prozess. Versuche dich nicht zu vergleichen, sondern den Weg zu genießen.
  • Du darfst auch nur für dich schreiben und erstmal alle Ansprüche von außen loslassen.
  • Niemand ist so streng mit dir wie du selbst, deshalb hole dir ein wertschätzendes Feedback ein, das dich wirklich weiterbringt.
  • Was für dich interessant ist, ist ganz sicher auch für andere Menschen interessant.
  • Lerne deine Zielgruppe kennen, um ihre Wünsche und Bedürfnisse zu verstehen und in dein Buch einfließen zu lassen.

Ich hoffe, dieser Artikel hat dir gutgetan und dir ein wenig Mut gemacht. Schreib mir doch gerne in die Kommentare, welchen Tipp du am hilfreichsten fandest. 

Wer schreibt hier?

 

Hey, ich bin Melina!

 Ich bin freie Lektorin und Schreibbegleiterin und helfe angehenden Autor*innen dabei, inspirierende Bücher zu schreiben, die ihre Leser*innen berühren.

Auf meinem Blog findest du Tipps und Wissenswertes rund ums Schreiben und Veröffentlichen. Schön, dass du da bist!

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