Die Frage, ob Lektorat ja oder nein, wird immer wieder heiß diskutiert. Dabei geht es oft nicht nur um Nutzen oder Nichtnutzen des Lektorates, sondern auch um finanzielle Aspekte. In diesem Artikel möchte ich dir eine kleine Entscheidungsgrundlage an die Hand geben. Du erfährst, was ein Lektorat im besten Fall bieten kann, wann es für dich sinnvoll ist und welche Kriterien neben dem Preis für deine Entscheidung eine Rolle spielen sollten.
Was macht ein Lektorat eigentlich aus?
Ein Lektorat dient der professionellen Überarbeitung deines Textes. Lektor*innen sind Profis auf ihrem jeweiligen (Fach-)Gebiet, kennen die Eigenheiten verschiedener Textsorten, finden Logikfehler, Stilbrüche, Ungereimtheiten, flache Figuren, Plotholes, Argumentationslücken und so weiter. Sprich: Sie gehen deinen Text im Detail Zeile für Zeile durch, machen Verbesserungsvorschläge und haben dabei stets das große Ganze im Blick. Mit dem „großen Ganzen“ ist in diesem Fall nicht nur dein Text als Gesamtwerk gemeint, sondern zum Beispiel auch Lese- oder Genreerwartungen.
Anders als vermutlich die meisten Menschen in deinem nahen Umfeld, die deinen Text vielleicht schon zum Probelesen bekommen haben, haben Lektor*innen viel Erfahrung im Umgang mit Texten. Sie sind keine „normalen“ Leser*innen, sondern achten mit geschultem Auge auch auf Dinge, die Laien nicht auffallen würden.
Wir halten also fest: Lektorieren braucht Übung und Wissen und lässt sich nicht mit dem einfachen Lesen von Büchern vergleichen. Dadurch ermöglicht dir ein Lektorat jedoch eine fundierte Überarbeitung deines Textes, bei der auf Details geachtet und Zusammenhänge in den Blick genommen werden. Wie jede Dienstleistung, die von Profis ausgeführt wird, kostet also auch das Lektorat Geld.
Wann ist ein Lektorat sinnvoll?
Eine wichtige Frage, die du dir am besten schon stellst, bevor du mit dem Schreiben beginnst, lautet: Was ist dein Ziel? Was möchtest du mit deinem Text erreichen? Es macht einen wesentlichen Unterschied, ob du deinen Text nur für dich oder deine Familie schreibst, ob du ihn im Selfpublishing veröffentlichen oder ihn einem Verlag bzw. einer Agentur anbieten möchtest.
- Schreibst du nur zum Vergnügen und deine Texte landen maximal bei deinen Freund*innen auf dem Nachttisch, kannst du selbst entscheiden, ob du dir ein Lektorat gönnen möchtest oder nicht. Denn zwar kannst du durch ein Lektorat sicherlich viel dazulernen und dein Schreiben verbessern, doch in diesem Fall ist es kein Muss.
- Möchtest du hingegen bei einem Verlag oder einer Agentur landen, ist mehr Sorgfalt nötig. Da die meisten Verlage sowieso ein Lektorat durchführen werden, egal ob du bereits eines beauftragt hattest oder nicht, musst du hier abwägen. Manchmal macht ein Teillektorat für die Leseprobe Sinn, in jedem Fall aber solltest du dein Manuskript vorab in die allerbeste Version bringen, die dir möglich ist. Das bedeutet, mehrere Überarbeitungsdurchgänge und Feedback durch Testleser*innen (gerne auch solche, die dir nicht nahestehen) ist Pflicht.
- Unumgänglich ist ein Lektorat, wenn du dein Buch selbst veröffentlichen möchtest. Im Selfpublishing bist du allein für die Qualität deines Textes verantwortlich. Blöderweise ist es absolut normal, dass man als Autor*in irgendwann „blind“ für den eigenen Text ist. Im eigenen Kopf ist schließlich alles absolut logisch. Du kennst alle Hintergründe und Gedanken, die du dir beim Schreiben gemacht hast – die Leser*innen natürlich nicht. Eine Lektor*in fungiert hier auch als erste*r Leser*in deines Textes und kann mit einem frischen und professionellen Blick erkennen, wenn es irgendwo noch Unklarheiten gibt.
Erfahrungsgemäß verzeihen Leser*innen viel, wenn die Geschichte wirklich gut ist. Doch wenn Logiklöcher oder Rechtschreibfehler den Text dominieren, ist eine schlechte Bewertung nicht weit. Und die willst du natürlich vermeiden. Du kannst das Lektorat also als einen Qualitätscheck sehen und als eine Investition für die Zufriedenheit deines Publikums. (Allerdings ist ein Lektorat allein natürlich auch kein Erfolgsgarant.)
Worauf kommt es sonst noch an?
Du hast dich entschieden, dass es ein Lektorat sein soll? Herzlichen Glückwunsch! Doch nun folgt schon die nächste Herausforderung: Wie findest du eine passende Lektor*in? Es ist verlockend, hier nur nach dem Preis zu gehen.
Hier sind 4 Gründe, warum das keine gute Idee ist:
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Der Preis sagt nichts über die Qualität des Lektorats aus. Es gibt gute Lektor*innen mit relativ günstigen Preisen und teure, die nicht sorgfältig (genug) arbeiten. Wichtiger ist, ob dein Qualitätsanspruch zu der jeweiligen Person passt.
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Lektorieren ist ein Stückweit eine subjektive Tätigkeit. Natürlich sollte jede Lektor*in die Änderungen begründen können, aber an welchen Stellen ein Eingriff als nötig
empfunden wird, oder welche Art der Änderung vorgeschlagen wird, kann sich unterscheiden. Vereinbare vorab also ein Probelektorat, um einen Eindruck von der Arbeitsweise der jeweiligen Person
zu bekommen.
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Preise lassen sich meist nicht pauschal angeben. Viele Lektor*innen berechnen den Preis, nachdem sie eine Textprobe gesehen haben und den Aufwand einschätzen können. Es macht
also mitunter einen großen Unterschied, ob du deine gerade frisch getippte Rohfassung abgibst oder eine mehrfach überarbeitete und im besten Fall schon testgelesene Version. Die besten
Lektoratsergebnisse bekommst du übrigens mit sorgfältig überarbeiteten Texten.
- Wer Profis beauftragt, sollte Profis bezahlen. Es ist vermutlich nicht sonderlich überraschend für dich, wenn ich sage, dass das Lektorieren nicht zu den bestbezahlten Arbeiten gehört. Nicht umsonst haben viele Kolleg*innen (und auch ich) einen Nebenjob. Gerade deswegen finde ich es fair, nicht zusätzlich beim Preisdumping mitzumachen und die Arbeit durch eine faire Entlohnung wertzuschätzen. Wenn du einen Überblick über die üblichen Honorare im Lektorat bekommen möchtest, empfehle ich dir diesen Artikel meines Kollegen zum Thema Honorarkalkulation.
Und was nun?
Du siehst also, dass die Frage nach dem Preis eines Lektorats nicht unbedingt aussagekräftig für das zu erwartende Ergebnis ist. Ich würde dir folgendes Vorgehen empfehlen:
- Lege dein Ziel fest (Veröffentlichung ja oder nein und wenn ja, auf welche Weise). Auf dieser Grundlage kannst du entscheiden, ob dein Text überhaupt ein Lektorat braucht.
- Recherchiere nach geeigneten Personen, zum Beispiel im Lektor*innenverzeichnis des VFLL. Auch Empfehlungen von anderen Autor*innen können Gold wert sein.
- Bitte die dir von ausgewählten Lektor*innen um ein Probelektorat. Lasse dich nicht von eventuellen Kosten abschrecken, auch das Probelektorat ist schließlich Arbeitszeit und kann dir schon wertvolle Hinweise für deinen Text liefern.
- Entscheide auf der Grundlage von Probelektorat, Verfügbarkeit und Angebot, welcher Anbieter*in für dich infrage kommt.
Profitipp 1:
Mir begegnen in Lektoraten immer wieder mal Fehler, die sich in diesem Schritt kaum noch korrigieren lassen. Auch wenn das Lektorat eine umfassende Prüfung darstellt, ist es doch manchmal schwierig, ganze Textteile umzuschreiben, um einen Logikfehler zu beseitigen. Deshalb kann es sehr sinnvoll sein, dir schon während des Schreibprozesses Hilfe zu holen. Mein Angebot dafür findest du hier.
Profitipp 2:
Ich weiß natürlich, dass viele Autor*innen kein unendliches Budget für ihre Veröffentlichungen aufbringen können oder wollen und ein Lektorat da als großer Kostenfaktor zu Buche schlägt, den man lieber so klein wie möglich halten würde. Deshalb findest du in diesem Artikel Tipps, wie du Geld beim Lektorat sparen kannst und trotzdem nicht auf eine gewisse Qualität verzichten musst. Lies doch gerne mal rein!
Fazit
Halten wir also fest: Es gibt mehr Faktoren als nur den Preis, die entscheiden, ob sich ein Lektorat lohnt und deinen Text wirklich verbessert. Ein großes Kriterium sollte sein, dass du mit der Arbeitsweise der beauftragten Person zufrieden bist und ihr gut zusammenarbeiten könnt. Lasse dir dafür ein Probelektorat erstellen.
Außerdem solltest du dir vorab klarmachen, welches Ziel du mit deinem Text verfolgst. Manche Vorhaben benötigen gar kein Lektorat, manchmal ist ein Teillektorat oder eine Schreibbegleitung sinnvoller.
Triff deine Entscheidung in jedem Fall sorgfältig, schließlich kann sie einen großen Einfluss auf deinen Text haben. Wenn du unsicher bist, welches Vorgehen in deinem Fall sinnvoll ist, schreib mir gerne!
Was sind deine Erfahrungen mit Lektoraten? Wie bist du vorgegangen, um deine*n Lektor*in zu finden? Verrate es mir gerne in den Kommentaren!

Wer schreibt hier?
Hey, ich bin Melina!
Ich bin freie Lektorin und Schreibbegleiterin und helfe angehenden Autor*innen dabei, inspirierende Bücher zu schreiben, die ihre Leser*innen berühren.
Auf meinem Blog findest du Tipps und Wissenswertes rund ums Schreiben und Veröffentlichen. Schön, dass du da bist!
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